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EZB schärft Richtlinien zu Eigenkapital und Risiko – Neue Spielräume für Banken und Konsequenzen für das Forderungsmanagement
Die Europäische Zentralbank (EZB) hat im September 2025 ihre Leitlinien zu den sogenannten „Options and Discretions“ (O&D) im Rahmen der Capital Requirements Regulation (CRR) und der Capital Requirements Directive (CRD) überarbeitet. Ziel ist, die Anwendung von Ermessensspielräumen durch nationale Aufsichtsbehörden zu harmonisieren und zugleich Banken mehr Flexibilität in der Kapitalsteuerung zu ermöglichen. Diese Anpassung hat erhebliche Auswirkungen auf Kreditvergabe, Risikosteuerung und das Forderungsmanagement in ganz Europa.
Hintergrund: Was sind „Options & Discretions“?
Unter O&D versteht man jene Wahlrechte, die nationale Aufsichtsbehörden und Banken bei der Anwendung europäischer Eigenkapitalregeln besitzen. Sie betreffen unter anderem die Bewertung von Risikopositionen, die Anerkennung von Sicherheiten, Übergangsregelungen bei neuen Eigenmittelvorschriften sowie technische Berechnungsmethoden bei der Kreditrisikominderung.
Durch die neuen Leitlinien will die EZB verhindern, dass unterschiedliche nationale Auslegungen zu Wettbewerbsverzerrungen führen.
Auswirkungen auf Banken und Finanzdienstleister
Die überarbeiteten Vorgaben erleichtern es Banken, Kreditportfolios dynamischer zu steuern und ihre Eigenmittel gezielter einzusetzen. Zugleich verschärfen sie aber die aufsichtsrechtliche Kontrolle. Entscheidungen über Kapitalerleichterungen müssen künftig detailliert dokumentiert und mit internen Risikomodellen abgestimmt werden.
Das bedeutet für Finanzinstitute:
- Strengere Transparenzpflichten gegenüber der Aufsicht
- Erhöhte Anforderungen an Risikoberichterstattung und Datenqualität
- Mehr operative Verantwortung in der internen Risikomessung
Für den österreichischen Markt bedeutet das, dass Banken künftig stärker selektieren, welche Engagements sie halten und welche sie, etwa über Forderungsverkauf, abstoßen.
Relevanz für Forderungsmanagement und Inkasso
Auch wenn die Leitlinien primär auf Banken zielen, ergeben sich indirekte Effekte auf das Forderungsmanagement:
- Höherer Druck auf Risikoreduzierung: Banken werden verstärkt versuchen, schwächere Engagements zu reduzieren oder auszulagern. Das kann zu einer Zunahme von Forderungsverkäufen an spezialisierte Dienstleister führen.
- Steigende Anforderungen an Datenqualität: Inkassounternehmen, die Portfolios ankaufen oder verwalten, müssen künftig noch detailliertere Risikodaten bereitstellen, um regulatorischen Anforderungen von Kreditinstituten gerecht zu werden.
- Engere Verzahnung von Bank- und Inkassoprozessen: Die Transparenzpflichten der Banken wirken sich auf deren Partner aus, vom Scoring über Bewertungsmodelle bis hin zur ESG-Berichterstattung.
Diese Entwicklung stärkt die Rolle des Forderungsmanagements als verlängerter Arm der Bankenregulierung mit höherem Dokumentationsaufwand, aber auch größerer Bedeutung in der Wertschöpfungskette.
Fazit
Die neuen O&D-Leitlinien der EZB markieren einen weiteren Schritt hin zu einer einheitlichen, aber komplexeren Bankenaufsicht. Für Banken bedeutet das mehr Flexibilität, aber auch mehr Verantwortung in der Kapitalsteuerung. Für das Forderungsmanagement und die Inkassobranche entstehen neue Kooperations- und Reportingpflichten, um mit Banken auf einer regulatorisch sicheren Basis zusammenzuarbeiten.
Wer heute in Transparenz, Datenqualität, regulatorisches Verständnis und einem partnerschaftlichen Forderungsmanagement investiert, wird künftig ein gefragter Partner im Finanzökosystem sein.
Text: Creditreform Österreich
Foto: Adobe Stock - miss irine
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Mag. Gerhard M. Weinhofer
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